FAZ.net vom 20. Mai 2015 – Warum überhaupt noch ein Asylrecht?

Lieber Jasper von Altenbockum, 

der sie für diesen Artikel verantwortlich zeichnen, wie Ihnen als MA im Gebiet der Politik und Geschichte sicher bekannt ist, bezieht sich der Asylbegriff und die Wurzeln der Gesetzgebung auf die Schutzgewährung für Verfolgte und Menschen in akuter Gefahr. Um dies festzustellen wurde der Apparat der Asylverfahrensgesetzes geschaffen.

Das Problem liegt darin, dass das Asylrecht als Schweizer Offiziersmesser für die Aufenthaltsrechtsbestimmung dienen soll. Deshalb ist ihre Kritik berechtigt, aber sie geht in die falsche Richtung und fordert weiterhin eine Pauschalbehandlung vielfältiger Umstände.

Für Flüchtlinge mit Flüchtlingspass des UNHCR wäre diese Prozedur nicht notwendig, da die Bundesrepublik Deutschland die völkerrechtliche Verpflichtung eingegangen ist, diesen Ausweis mit allen Konsequenzen anzuerkennen. Dass dieser Personenkreis ebenfalls vom AsylVfG erfasst wird, liegt an der schleppenden Bearbeitung durch die UNHCR in den Sammellagern der Krisengebiete. Hier sollten Sie ihre Kritik anbringen. Wer bei der Flucht aus einem Kriegsgebiet vor Ort registriert wird, ist zweifelsfrei Kriegsflüchtling und der Nachweis zuverlässiger als er hier im Nachhinein konstruiert werden muss.

Dann erfasst das AsylVfG auch noch den Bereich, der Exilanten. Menschen, die aktiv für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung kämpfen und deshalb in ihrer Heimat nicht sicher wären und deren Aktivität eine Rückkehrmöglichkeit erst herbeiführen kann. Hier wäre nicht Asylgewährung, sondern aktive materielle und organisatorische Unterstützung gefordert. Wer auf deutschem Boden gegen Despoten und Faschismus in seiner Heimat kämpft schützt und vertritt auch unsere Wertegemeinschaft und steht außer Kritik und benötigt mehr und tiefergreifende Hilfe statt Asyl.

Und auch der Bereich der Migranten, egal ob aus wirtschaftlichen Gründen, als Opfer des Klimawandels oder der Demografie, wird keine Alternative zum Asylverfahren geboten. Hier könnte Deutschland durch Einbürgerungsbüros in Nordafrika die Prozedur professionell vereinfachen, beschleunigen und so potentielle Neubürger mit besseren Integrations- und Berufschancen den Vorzug geben.

Die Zahlen der Ankommenden sind so hoch, dass es angebracht wäre durch aktives Handeln die Besten für Deutschland zu sichern, statt auf den Zufall und das Schicksal zu vertrauen. Eine Auswahl, die sich statt auf Qualifikation auf die Fähigkeit den Schleusertransport über See zu überleben stützt, ist für die Anforderungen der Lebenswelt in unserem Land nicht geeignet. Oder sind Sie der Ansicht, dass dieser Zufallsmechanismus die beste Auswahlprozedur ist.

Von einem journalistischen Medium wie der FAZ kann man erwarten, dass es sich differenzierter und umfassender mit den Zuständen auseinandersetzt. Und beim Schreiben nicht aus dem Blick verliert, dass derzeit pro Jahr über 150.000 Menschen mehr aus dem Berufsleben ausscheiden, als der Ausbildungsmarkt zuführt. Gleichzeitig erreicht die Produktivität einen Höchststand und die Auslastung von Industrie und Gewerbe eine Obergrenze. Ein Limit bei dem der technologische Fortschritte den Mangel an Menschen nicht ersetzt. Eine Situation in der wir Zuzug zur Stabilisierung der Wirtschaft auf hohem Niveau brauchen.

Da aktive Werbung in den Krisengebieten weder praktikabel noch zielführend wäre, ist eine Ansprache der Flüchtlinge im verhältnismäßig sicheren Nordafrika ein Weg. Das Abwerben und Forcieren des Brain Drain aus anderen europäischen Ländern, dem asiatischen oder amerikanischen Kontinent, würde dagegen längerfristig deren Wirtschaft und in der Folge auch die unsrige beschädigen. Dagegen würde eine entsprechende Rückkehrerquote nach Afrika, nach Abflauen der Konflikte und verbunden mit der Höherqualifizierung der Rückkehrer, die dortige Wirtschaft stärken und uns neue Märkte eröffnen.

Viele Grüße nach Frankfurt in dem mutmaßlichen Elfenbeinturm.

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