Das Bündnis 90 ist bald ein Viertel Jahrhundert alt. Die Grünen werden bei der Wahl auch das erste Drittel eines Jahrhundert überschritten haben. Eine Partei kommt in Jahre. Waren sie mal die, vor denen die Alten warnten, sind sie jetzt die Alten. Alte, die vor den Piraten warnen.

In Baden-Württemberg haben sie die Mitte der Gesellschaft erreicht. Sind jetz die Etablierten, das Großbürgertum, die Biedermänner und -frauen.

Neben einem netten älteren Herren, der wirkt wie der Vorstand der Genossenschaftsbank, haben sie eine nicht ganz so alte engagierte Christin zur Spitzenkandidatur berufen. Eine Besetzung wie für den Vorstand des Tennisvereins. Oder des Heimatmuseums und der Initiative zum Schutz des kirgisischen Blaukranichs.

Da brilliert die so genannte konservative Volkspartei mit einer Pastorentochter als Kanzlerin. Einem Pastor als Bundespräsident. Und was wird von der jüngsten Oppositionspartei als Alternative aufgeboten? Ein Diplom-Sozialwirt und eine Berufspolitikerin mit Theologiestudium. Noch mehr Lobbyisten für den anti-atheistischen Bund derer, die an einen imaginären Übervater glauben. Da besetzt eine reaktionäre Front Ihre Positionen im Kampf um Bestandswahrung und Einfluss. Damit verbaut die mögliche Alternative zur großen Koalition schon in der Startaufstellung alle Chancen auf den nötigen Wandel.

Stillstand ist Rückschritt

Die Grünen reduzieren sich damit von der ökologischen Ein-Themen-Partei zur Beliebigskeitspartei. Statt zur progressiven Volkspartei. Mit dem Blick auf möglichst viele Wählerstimmen und daraus resultierenden Pfründen und Posten in Ministerien und Körperschaften gibt man den historischen Anspruch auf. Den Anspruch die progressivste Partei in den Parlamenten zu sein.

Statt wie früher eine Bresche in die Gesellschaft zu schlagen, in der sich ein neuer Mainstream seinen Weg sucht. Vom „Müslityp“ bis zu „Lohas“ sind viele Menschen den grünen Leitgedanken gefolgt. Jetzt schlägt sich die Partei in die Büsche und blickt dem davonziehenden Mainstream zaghaft hinterher.

road man people woman
Photo by SHVETS

Chancen haben sie nur, weil die Piraten mit ihrer progressiven Unbekümmertheit nicht klar kommen. Nachdem sie einen Teilzeit-Arbeitslosen zum Geschäftsführer gemacht haben herrscht Irritation. Statt es als Einstieg in die moderne Lebens- und Arbeitswelt zu feiern.

Die Grünen habe sich vom Progressiven und Neuen, das prinzipiell ungewohnt und unbequem ist, verabschiedet. Eine Partei hat es sich auf Hempels Sofa bequem gemacht. Den vermeintlichen Ballast nach unten entsorgt und oben die Spitzendeckchen ausgebreitet. Den Kissen einen Knick verpasst und Kekse ausgelegt. Jetzt wartet man auf den Wählerzuspruch. Auf dass sich die neue Beschaulichkeit verfestigt und dann gemütlich zustauben kann.

Die Grünen sind jetzt eine der Parteien, die abzuschaffen sie einmal angetreten waren.

Siehe hierzu: