Eine der Triebfedern hinter dem Rechtsruck in Finnland und anderen Gegenden Europas ist die Kritik rechter Kreise an einer multikulturellen Gesellschaft, an Zuwanderung und gesellschaftlicher Offenheit. In diesen Entwicklungen wird eine Gefahr gesehen, eine Bedrohung von Wohlstand und Freiheit.

Diese Entwicklungen sind aber weder ein Problem noch eine Bedrohung, sie sind Chance und Notwendigkeit. Zur Erinnerung an die Gegner einer multikultureller Gesellschaft, diese Entwicklungen und Tendenzen sind nichts Neues, keine Errungenschaft des späten 20. Jahrhunderts. Im Gegenteil sie sind seit Jahrhunderten Garant für Fortschritt in Europa und den Vorsprung vor anderen Kontinenten.

Im 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts hatten die USA gezeigt, wie das Kopieren dieses Prinzips zu einem großen Erfolg von Ökonomie und Kultur werden kann.

Schauen wir uns an, wie sich die deutsche Gesellschaft um das Jahr 1900, 1800 oder 1700 darstellte. Welche herausragenden Köpfe einen Migrationshintergrund hatten und bei einer protektionistischen und monokulturellen Staatsphilosophie nie nach Deutschland gekommen wären. Das fangt mit prominenten Migranten oder ihren direkten Nachfahren an, Rudolf Diesel, Beethoven, die ganzen Nachfahren der Ruhr-Polen und Hugenotten. Alles Ausländer, ihre Kinder und Enkel, die eine fremde Bildung und Kultur nach Deutschland brachten. 

Europa hat keine eingeborene Bevölkerung

Oder gehen wir noch weiter zurück, denn je weiter, desto vielfältiger und stärker der gesellschaftliche und kulturelle Einfluss der Zuwanderer. Da gab es die Christen, Anhänger einer jüdischen Reformsekte aus Palästina. Deren Mönche oder Missionare hätten diesen fremdländischen Kult ohne Offenheit nie einschleppen können, auch wenn diese Offenheit nicht selten mit der Waffe erkämpft werden musste.

Oder Arminius, der mythische Sieger der so genannten Schlacht am Teutoburger Wald, Importeur römischen Kultur, römischer Waffen und südländischer Lebensweise. Auch er hätte nach dem propagierten Isolationismus keine Chance auf Verbleib gehabt. So hat er mit seiner Migrantenkultur seine neue Heimat stärker gemacht, ihr Entwicklung befördert und einen wichtigen Beitrag geliefert.

Die Liste lässt sich verlängern, zahllose Entwicklungen und Errungenschaften wären in einem isolationistischen und xenophoben Deutschland nie möglich gewesen. Der Motorwagen von Carl Benz? Eine Collage aus luxemburger Gasölmotor, kroatischer Dreiradkutsche und französischem Lenkprinzip.

Was wäre denn Deutsch? Wer dürfte bleiben? 

Nutzen wir doch die Genom-Analyse und schauen wer noch zur autochthonen (eingeborenen) Bevölkerung gehört? Was ist eigentlich autochthon, der Homo heidelbergensis, der Neandertaler. Wie viele davon gibt es denn, richtig, keine. Also ziehen wir die Grenze in der Eisenzeit, nach dem Genozid an den Europäern. Ihr habt Vorfahren aus Ostpreußen? Dann sind sie vielleicht während der Völkerwanderung als Wandalen aus Nordafrika eingewandert, Migrationshintergrund, dann kommt ihr auf die Liste zur Ausbürgerung. Ihr stammt aus Hessen, dann ist die Chance nicht so klein, dass unter den Vorfahren Reste der hunnischen Horden waren. Oder Ruhr-Polen? Raus mit Euch. Alles feststellbar. 

Auch du hast einen Migrationshintergrund

Wo und wer legt die Grenze für die ethnischen Säuberungen fest? Die letzte Vollpfosten mit einem derartigen Projekt waren die Anti-Semiten der Weimarer Republik, allen voran die NSDAP. An dem intellektuellen Brain-Drain leidet Deutschland und Europa noch heute. Wer würde denn bei strengster Auslegung des Deutschtums übrig bleiben? Vielleicht fünf bis zehn Tausend reinblütige Kelten und die wären verpflichtet wieder germanische Naturgötter anzubeten, Niederwild mit Hirsebrei zu essen und sich auch sonst „deutsch“ zu geben. Das heißt Mehrehe und die eine Bevölkerungshälfte lebt nomadisch mit ihren Schafherden. Oder wie soll man sonst die Bewahrung der deutschen Leitkultur verstehen.

Klar, eindeutig und am einfachsten sind die Feinde deutscher Kultur in den Gasthäusern zu erkennen, essen sie doch Kartoffeln, diese eingeschleppte Migranten-Speise. Oder sie trinken gar Wein, auch so eine mediterrane Sitte, die diese Römer eingeschleppt haben, Migranten- und Besatzerkultur. 

Wenn man dagegen ehrlich mit sich selbst und dem deutschen Wesen ist, dann sieht man, dass es schon immer am deutschesten war sich technischen Neuerungen und kulturellen Errungenschaften fremder Völker zu öffnen. Deshalb wurde „Made in Germany“ als Brandmarke für Kopisten erschaffen. Deutsche Leitkultur ist es nicht zu integrieren oder zu assimilieren, nein, deutsch ist es zu amalgamieren. Untrennbare Vermischungen zu kreieren, sich ständig neu zu formieren und weiter zu entwickeln. Deutsch sein heißt mit diesem Prozess umgehen zu können und ihn konstruktiv mit Leben zu füllen, ihn zu leben und diese Tradition der Offenheit und Veränderung an zukünftige Generationen weiter zu geben.
In der Tradition von Hermann dem Cherusker, den Saliern, Friedrich dem Großen und Bismarck.