Wer hätte das gedacht, Rainer B. von der FDP macht eine Bemerkung über eine Oberweite, daraus entwickelt sich eine heftige Sexismus-Debatte und daraus die Forderung mehr führende Positionen mit Frauen zu besetzen. Fleischhauer wirft in seinem SpOn-Kommentar einen neuen Gesellschaftsvertrag in den Ring, deklariert die Vereinbarung der Frauenquote zum Paradigmenwechsel der menschlichen Koexistenz. Gleichzeitig kritisiert er diese Verquickung und warnt davor, dass man herrschsüchtige Paschas nur gegen herrschsüchtige Matriarchinnen ersetzt.
Mit dieser Analyse durchdringt er die Oberfläche der gesellschaftlichen Auseinandersetzung und weist auf wichtige Aspekte hin. Trotzdem ist das nur ein Bruchteil des Weges, den man beschreiten muss um die grundlegenden Veränderungen der Vergangenheit auszuleuchten, die in diese Situation geführt haben. Der Kanal bleibt trübe.
Blicken wir zurück, suchen wir die Stelle an der sich der Gesellschaftsvertrag in dieser Hinsicht änderte. Es ist nicht die Folge der Industrialisierung, bei der der Frau ihr Teilhabe und Mitsprache an den Tagesgeschäften verloren ging. Es ist auch nicht die Christianisierung, die mit der Betonung des Mannes der Frau einen niederen Rang zuweist. Es war die Abkehr vom Leistungsprinzip und von der Präferierung der geistigen Eliten, die das Feld bereitete für eine Kultur der aufgeblasenen Gockel und Schaumschläger in Führungspositionen. Unabhängig von Geschlecht, Kompetenz und Können hatte man begonnen entscheidende Positionen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik nach Herkunft zu besetzen.
Nach Herkunft aus einem politischen Lager, aus einem wissenschaftlichen Lager, aus Netzwerken und Klüngeln. Gleichzeitig wurde die Verantwortung für die Berufungen ins Anonyme und Ungreifbare verschoben. Eine freiwillige Fremdbestimmtheit griff um sich und befreite viele Auswahlgremien von der Last der Verantwortung.
Nicht die Besten wurden befördert oder berufen, sondern die mit den wenigsten Widersachern, mit den geringsten Bedenken belasteten, das Optimum an Konsens und Kompromiss. Auch die Forderung nach einer Frauenquote ist ein solcher Konsens-Mechanismus. Nicht die fähigsten und bewährtesten Kandidaten sollen in Frage kommen, sondern die, deren Profil dem Quoten-Schema am besten entspricht. Das ist privilegierender Genderismus und Rassismus, die endgültige Abkehr von verantwortlicher Sachentscheidung und professioneller Personalpolitik. Dieses Verhaltensmuster hat eine lange Geschichte und wurde in den letzten vierzig Jahren zur Konvention erhoben. Mit der Frauen-Quote würde es sich weiter verfestigen und schier unangreifbar werden. Eine Institution für die Ewigkeit.
Jeder Mensch hat sein eigenes und einzigartiges Profil an Fähigkeiten, Fertigkeiten und Persönlichkeit. Diese Individualität und ihren Wert im Rang zurückzusetzen, gegenüber formalen Kriterien wie Quoten oder Herkunft, schadet kurzfristig dem Wirkungsort, sei es Arbeitsplatz, Mandat oder Lehrstuhl, schadet mittelfristig den Betroffenen selbst und in letzter Konsequenz und langfristig der ganzen Gesellschaft.
Nicht nur der Bewerber muss zum Arbeitsplatz passen, sondern auch der Platz zum Bewerber. Es ist eine Verantwortung nach beiden Seiten, um sich gegenseitig vor zukünftigem Schaden zu bewahren. Ich erinnere nur an Matthias Platzeck, der unter Missachtung dieser Verantwortung zum SPD-Bundesvorsitzenden berufen wurde. Genauso wie es Menschen gibt, die nicht für eine Stelle geeignet sind, so gibt es Stellen, die nicht für einen bestimmten Menschen geeignet sind.
Der Gesellschaftsvertrag und der Konsens unserer Zeit fordert statt einer Quote das Bekenntnis zur Verantwortung für das eigene Handeln. Dazu zählt auch das Berufen von Menschen in eine Entscheidungsposition. Kein Verstecken hinter Quoten, hinter Proporz, kein Ausdünnen der eigenen Verantwortung, kein Vorrang für Beziehungsgeflechte und Netzwerke sondern Möglichkeiten, Leistungen und Können haben den Ausschlag zu geben, auf beiden Seiten.
Wenn unfähigere Männer fähigeren Frauen nicht mehr vorgezogen werden, dann erübrigt sich eine Frauen-Quote. Und dass soziale Kompetenz ein Herrenwitz-Tourette-Syndrom ausschließt, sollte auch klar sein.
Bild: Päpstin Johanna gebiert ein Kind – Legende aus dem frühen Mittelalter
Link-Hinweise:
Und das Beispiel für eine beiderseits schädliche Fehlbesetzung:
- Die Seele der Partei (November 2005)
- Abgang des großen Unbekannten
- SZ-Magazin: Du bist Deutschland – Matthias Platzeck