Der Gründer bzw. Chef muss einen Meistertitel haben. Und die Mitarbeiter? Welche Qualifikation müssen die haben? Da hat dann einer den Meistertitel und beschäftigt 100 Leute, die nur angelernt sind. Wer den Betrieb gründet und führt ist doch nicht entscheidend für die Qualität der Arbeit.
Um ein Unternehmen zu führen, die Abläufe zu organisieren und die Mitarbeiter zu führen und inspirieren sind andere Fähigkeiten gefragt, kein Meistertitel. Diese Fähigkeiten haben nichts mit einem bestimmten Gewerk zu tun und fallen in den Bereich MBA-Abschlüsse.
Und in den Betrieben selbst? Hat die Zukunft Platz für derart schmalbandige Angebote – Betriebe, die nur ein einzelnes Gewerk anbieten. Oder soll der Gründer multiple Meistertitel haben? Oder vor Ort im ländlichen Raum Partner mit Meistertitel finden? Und wie sollen dann Installationen oder Reparaturen umgesetzt werden, deren komplexe Technologie mehrere Gewerke umfasst? Beispielsweise eine Heizungsanlage, die mit Sensoren im und am Haus, dem Smart-Home und mehr verbunden ist und zusätzlich bauliche Veränderungen bedarf bis hin zur Isolierung des Systems? Hier wird dem lokalen Kleinbetrieb der Markt verschlossen. Überregionale Anbieter mit je einem angestellten Meister pro Gewerk werden mit tausenden Hilfskräften billige Preise anbieten können.
Schnöde Theorie
Und wie wird es für die kleinen Gründer in der Praxis aussehen? Da geht der, der ein Unternehmen ohne Meisterbrief gründen will, einfach in einen anderen EU-Staat, gründet dort im Briefkasten und arbeitet dann wo er will. Das ganze System und die ganze Diskussion ist aus der Zeit gefallen und Zeichen eines Rückschritts.
Erst hat man mit dem Bologna-System viele Hochschul- und Universitätsabschlüsse auf das Meister/Gesellen-Prinzip umgestellt, statt das Diplom-System weiterzuentwickeln und Abstufungen auf elitärem Niveau zu schaffen. Jetzt führt man diese mittelalterliche Praxis auch im Handwerk ein, statt dort den Schritt zur systematischen und zentralisierten Handwerkshochschule zu gehen, so wie man es aus dem angelsächsischen Raum kennt.
College und Akademien fürs Handwerk, systematische Aufbereitung und Konservierung von Kenntnissen, statt kleinteilige Weitergabe innerhalb eines Meisterbetriebs, bei dem dann Wissen und Fertigkeiten mit dem Tod des Meisters verloren gehen.
Sicherheit ein Argument
Und ad absurdum wird auch die alte Anforderung an die Fortführung der Meistertitel-Pflicht geführt, dass es um Gewerke ginge, bei denen es besondere Sicherheitsanforderungen gibt. Von den Berufsfeldern der
- Fliesen-, Platten- und Mosaikleger
- Betonstein- und Terrazzo-Hersteller
- Estrichleger
- Parkettleger
- Rollladen- und Sonnenschutztechniker
- Drechsler und Holzspielzeugmacher
- Böttcher
- Glasveredler
- Raumausstatter
- Orgel- und Harmoniumbauer
geht kein vorstellbares allgemeines Risiko aus. Nur bei
- Behälter- und Apparatebauer
- Schilder- und Lichtreklamehersteller
kann man sich eine Gefährdung von Kunden und der Allgemeinheit vorstellen. Hier ist es aber sinnvoller generell eine amtliche Prüfung der ausgeführten Arbeiten einzuführen und im ersten Fall ist das bereits geschehen, hier sind Prüfungen Pflicht.
Alternativen
Statt Meisterpflicht wäre eine Pflicht in diesen Gewerken zum QS-System nach ISO 9001 zielführend gewesen. Nur dass das keine protektionistische Maßnahme gewesen wäre, sondern nur ein Fortschritt für die Verbraucher.