Es ist erschreckend, dass sich Menschen im Deutschland des Jahres 2016 die Frage stellen müssen, wie das ausschaut, wenn man sie oder ihre Familie bedrohen sollte und nicht wissen wie sie dann damit umgehen. Ob sie sich dann noch öffentlich gegen Faschismus und Rassismus aussprechen werden. Dass es eine Frage des individuellen Rückhalts ist, dass es keine Gewissheit über die Unterstützung der Gesellschaft gibt. Diese Fragwürdigkeit der Sicherheit der Demokraten und Humanisten im Jahr 2016 ist erschreckend.
Aber es ist wie bei jedem Bullying, bei jedem Übergriff – wenn die Anständigen ihre Stimme vereint erheben, dann sieht und hört man, dass die Faschisten und Rassisten in der Minderheit sind, keine Macht haben.
Wenn sich dagegen die Angst ausbreitet und die Leute sich wegducken, dann entsteht ein Freiraum. Ein Platz in der Gesellschaft, in dem sich die braune Brut entwickeln kann. An dem sie Macht gewinnt und ihre national befreiten Zonen errichtet. Dann reichen wie in Polen 15% für die Mehrheit im Parlament oder wie in Ungarn 22%. Damals waren es nur 18% – 18 klägliche Prozent, die 1933 NSDAP gewählt hatten – die Hitler eine Plattform schufen um die Kommunisten einzusperren und anschließend über eine Mehrheit im Reichstag zu verfügen. Dann fehlte nur noch der Dolchstoß der Monarchisten in den Rücken der Demokratie, Hindenburgs schändlicher Verzicht und eine Ermächtigung der Verbrecher. Es folgen Gleichschaltung, Säuberungen und die Errichtung eines gnadenlosen Überwachungsapparates.
Deshalb bin ich gegen die Vorratsdatenspeicherung und gegen jede Möglichkeit für die Polizei und Behörden politische Strukturen zu ermitteln und nachzuvollziehen. Das ist eine systemische Gefahr für den demokratischen Staat.
Das sind Instrument wie es 1932 die preußischen Polizeigesetze waren. Gesetze, die der zuständige Minister Hermann Göring schuf und die es ermöglichten die Gestapo zu formieren, Dossiers anzulegen und zu fälschen und damit Menschen unter Verdacht der Staatsgefährdung oder der Terrorvorbereitung zu inhaftieren. Mitbürger, die den legalen Widerstand, den demokratischen Schutzwall gegen den Faschismus hätten bilden können.
Der Staat darf nicht über derartige Instrument verfügen, das Risiko des Missbrauchs ist zu groß.
Dazu bedarf es noch nicht einmal einer Regierungsbeteiligung der Faschisten oder Rassisten. Es reicht Informanten im Polizeiapparat zu haben, die Zugriff auf diese Daten haben.

Und die Beispiele, dass dem so ist, sind zahlreich. Da ist nicht nur der berühmte Snowden, da gab es auch den Fall des Rheinland-Pfälzer CDU-Abgeordneten, der sich über eine Polizistin, seine Tochter, Daten aus dem Polizeicomputer besorgte. Und wie viele Polizisten sympathisieren unmittelbar mit dem rechten Rand der Gesellschaft oder sind Teil von ihm?
Müsste man nicht jeden Staatsbediensteten, der Thilo S. Bücher gekauft hat wegen fragwürdiger Haltung gegenüber der FDGO suspendieren? Nicht, wenn das genau die Methode wäre, mit der auch Faschisten eine Gleichschaltung bewirken könnten. Nicht, wenn genau das die Qualität eines demokratischen Staates ausmacht auch solche Staatsbedienstete aushalten zu können. Genauso wie er die Pegida und Beatrix von S. aushalten muss. Nur ein freier Staat, ein Staat mit Platz für alle Schichten und Ansichten kann ein demokratischer Rechtsstaat sein, der es wert ist verteidigt zu werden.
„I disapprove of what you say, but I will defend to the death your right to say it“
Aber sie dürfen nie mehr Macht erhalten, als ihrem Anteil am demokratischen Prozess entspricht und das ist der einer Randgruppe. Und es muss deutlich sein, dass die Faschisten und Rassisten eine Randgruppe sind. Also unverzagt und ohne zurückzustecken gegen sie sprechen, schreiben, und marschieren.
Denn wenn man ständig klares Wasser fließen lässt, dann bleibt kein brauner Dreck kleben.
Die Luft frei zum Atmen und das Land frei zum Leben.
