James Bamford, ein renommierter Experte in Sachen NSA, gibt der Tageszeitung „Die Welt“ ein Interview in dem er vor allem die fehlende demokratische Legitimierung von Systemen wie PRISM anprangert. Auf der anderen Seite erklären viele Bürger die Angelegenheit wäre ihnen egal, sie hätten nichts zu verbergen und es würde eh alles auf Facebook oder in den sozialen Netzen von den Menschen selbst veröffentlicht.

Es braucht keine NSA, wir geben ja schließlich alles freiwillig weiter, ob nun hier bei Google+ oder Facebook usw… „

Google+ Forum-Post

NSA-Experte : „Die USA haben die Atombombe des Abhorchens“

Die Welt

Ist wirklich „Friede, Freude, Eierkuchen“-Zeit? Machen wir es uns im Neo-Biedermeier gemütlich?

Die Welt ein Ponyhof und alles wunderbar? 

James Bamford hat recht, in einem demokratischen Staat muss das System auf andere Weise funktionieren. Es ist das „par ordre du mufti“ mit dem ein Staatsverständnis offenbart wird, das eher der byzantinischen Epoche oder dem absolutistischen Staat unter Louis XIV entspricht. 

Die Formulierung von einem Eindringen in die „Privatsphäre“ zu sprechen ist schon falsch. Es ist ein Eindringen in die „Intimsphäre“. Nachdem sich Programme wie PRISM und TEMPORA oder das namenlose BND-Projekt aus dem Kanzleramtshaushalt Nr. 0404 nicht auf das Internet beschränken, sondern auch den kompletten Handy- und Festnetz-Telefonverkehr und alle Brief und Paketdaten erfassen, geht die Informationsgewinnung tief in das Leben der Menschen. Über das Private hinein ins Intime, zutiefst persönliche. Und mit dem Internet-Mitschnitt werden auch bei Handelsfirmen deren Verkaufs- und Kundendaten abgefischt, wenn sie zwischen Logistik und Verwaltung hin- und herwandern.

Unser Leben wird gläsern

Die Dienste schauen bis in die Unterhose. Die NSA weiß inzwischen ob wir überhaupt eine tragen und gibt die Informationen an zahllose Stellen weiter.

Alles wird veröffentlicht. Auf Facebook, auf Google+, Twitter und Co.? Alles? Das bezweifle ich. Selbst die „Einblicke ins Intimleben“, die auf altersunbeschränkten Angeboten wie tumblr stattfinden, sind eine artifizielle Selbstdarstellungen und nicht die intime Realität der Abgebildeten. Selbstverständlich ist es ein Unterschied ob man in eigener Entscheidungsfreiheit nackt am Strand liegt bzw. in den Swingerclub geht oder ob man ungewollt beim Furzen im Aufzug dokumentiert wird, weil die Kamera dort ihr Signal via Internet weiterleitet.

Es ist ein Unterschied ob man stolz beim Unboxing sein neues Smartphone auf YouTube präsentiert oder ob Tempora beim GCHQ ein Dossier anlegt wie viele „TENA PANTS plus XL 120-160cm Einweghose“ man bei der Versandapotheke kauft. Es ist ein Unterschied ob die Schlapphüte früher Postkarten mitgelesen haben oder ob sie heute dank Echelon und seinen Datenbanken die gesammelten Telefonate zwischen dem Opa und seiner Geliebten aus den 60ern im Archiv jederzeit abrufbar haben. 

Wer gibt dieses „ALLES“ freiwillig weiter?

Niemand macht das. Wem ist der Umfang der Entblößung bewusst? Niemand. Selbst wir, die wir uns gerade damit beschäftigen können allenfalls ahnen wo die Grenzen sind. Wahrscheinlich nirgends, es gibt keine.

Und wie viele sind nicht im Netz und werden trotzdem erfasst, weil sich die Bearbeitung ihres Konsumverhaltens, sei es Payback, Versandhandel oder nur der EC-Zahlungsverkehr, übers Internet abspielt und dort von den Broten abgegriffen und analysiert wird.

Und einfach davon auszugehen es wäre erlaubt, weil es sich um Geheimdienste demokratischer Staaten handelt. Es ist nicht erlaubt. Es gibt auch keinen Ermessensspielraum, der der Regierung oder einer anderen Stelle zugestehen würde eine Erlaubnis zu erteilen. Im Gegenteil, derartige Praktiken stellen den Anspruch eines Staates demokratisch zu sein in Frage. Diese Praktiken bestätigen die Vorwürfe und die Legitimationsansprüche von Al-Quaida, Kim Jong-un und auch noch der RAF.

Der Eingriff wird „geduldet“

Ohne Zweifel wird er das. Aber auch nur im scheinbar rechtsfreien Raum. 

Nur, dass das deutsche Strafrecht diese Ausspähung dezidiert unter Strafe stellt. Organisationen, die dies betreiben werden im Gesetz unmissverständlich als terroristische Verbindungen klassifiziert.

Davon werden im Gesetz nur zwei Ausnahmen gemacht. Die erste Ausnahme ist für das Inland der GG10-Richtervorbehalt (den weder NSA noch GCHQ erfüllen) und für das Ausland das BND-Gesetz. Beides legitimiert keine Abhörung im Inland. In der vorliegenden Form nicht und auch nicht in geplanten. Das Gesetz eröffnet auch keinen Interpretationsraum für mögliche Genehmigungen, sie sind schlicht nicht vorgesehen. Ein amerikanisches Geheimgericht kann keine GG10-Genehmigung erteilen. Es kann auch nicht dazu ermächtigt werden.

Dazu kommt noch, dass das BND-Gesetz ausdrücklich das Ausspähen von Minderjährigen verbietet. Dieser Zugriff wird von der ZPO94- und GG10-Genehmigungsfähigkeit ausgenommen. Aber die Daten von Minderjährigen wurden und werden ausgespäht. 

Kinder belauschen und beobachten und für die Ewigkeit festhalten. 

E k e l h a f t.