Die Radikalen aller Couleur betrachten den Staat, seine drei Säulen und deren Organe als Feind. Dessen Bekämpfung legitimieren sie in ihrer Ideologie regelmäßig mit dem Naturrecht. Egal aus welcher religiösen oder politischen Ecke sie kommen, fast immer gibt es eine gewaltfreie Vertretung, die Kommunikation mit Medien und potentiellen Sympathisanten betreibt und die legitimierenden Argumente verbreitet.

Schützen Bekenntnisse zur Demokratie?

Dieser legale Bereich der Unterstützer und Sympathisanten ist das eigentliche Problemfeld. Auch den sichtbaren Teil der Rechtsradikalen und Neonazis muss man dazu rechnen. Selbst keine Straftat begehen, aber sie mehr oder weniger laut gutheißen, selbst die Verfassung nicht angreifen, aber ihren Verfall herbeisehnen – das ist der gefährlichere Teil der Agierenden. Sie wecken Akzeptanz, verändern das Denken und bereiten den Boden für das Wachsen des extremistischen Rands.

Kaum jemand von uns wird persönlich mit dem illegalen und militanten Arm der Neonaziszene konfrontiert. Aber der alltägliche Rassismus, Antisemitismus und dumpfe Nationalismus, lassen ein Gefühl der Schwäche und Unterlegenheit in vielen demokratisch gesinnten Bürgern aufkommen. Oft wird das rechte Gedankengut von seinen Apologeten lautstark und unüberhörbar in die Welt gesetzt, wirkt so stärker als die stillschweigende demokratische Haltung der Mehrheit. Daraus entsteht Verzagen, Angst – Wegschauen, Dulden – Akzeptieren – Unterwerfen. Eine Spirale der Preisgabe.

Mit dem Bürger für die Gemeinschaft

Deshalb muss die Gegenposition laut und wahrnehmbar gesetzt werden. Es muss für die Bürger erlebbar werden, dass die Mehrheit demokratisch denkt und fühlt. Dass dies ein gutes Gefühl ist, ein starkes Gefühl und man Teil einer mächtigen Mehrheit ist: der intelligenten, aufgeklärten Demokraten.

Nutzt eine Ausgrenzung per Gesetz?

Gibt es noch die Möglichkeit, dass der Staat selbst handelt, die Bürger damit aus der Verantwortung entließe? Wäre ein Gesetz, das die Ausbürgerung aller kriminellen Extremisten ermöglicht, eine Lösung? Ein solches Gesetz birgt zweierlei Gefahren. Solche Gesetze haben bilaterale Auswirkungen. Umgekehrt werden dann auch ehemalige Bürger anderer Staaten nach Deutschland ausgewiesen werden. Und viel schlimmer, es existiert dann auch eine juristische Grundlage, mit der Faschisten nach einer Machtübernahme Säuberungen durchführen können und unliebsame Bürger ausgrenzen können. Auch 1933 hat sich die NSDAP mit Verve der Instrumente bedient, die ihr die Weimarer Republik und ihr Reichspräsident geschenkt hatten.

Unmittelbar würde eine rigidere Ausgrenzung per Gesetz den Anteil der Extremisten im Untergrund erhöhen, an der Gesamtzahl aber keine Veränderung herbeiführen. Da auch Rekrutierung von Aktivisten und Anwerbung von Sympathisanten in Zeiten des Internet nicht eingeschränkt werden kann, muss man diese Lösung als Schuss in den Ofen betrachten. Viel Lärm, großes Getue, aber keine Wirkung.

Gibt es Ideen zur Lösung?

Ein Gedanke wäre die Mithaftung der Sorgeberechtigten für Taten vor dem 18ten Lebensjahr. Das dürfte unmittelbarer zu einer sozial vernetzten Verantwortung führen und die möglichen GewalttäterInnen früher in einen gesellschaftlichen Anpassungsprozess überführen. Das „Vererben“ extremistischer Einstellungen, das Vermitteln von Rassismus, religiöser Absolutheitsansprüche und politischer Extreme würde zur Mittäterschaft.

Daneben steht die Erweiterung des Horizonts, die Ertüchtigung des Intellekts bei Jugendlichen. Schulen müssen statt reiner Faktenvermittlung zum Dritten Reich in viel stärkerem Maß die grundlegenden Aspekte von Demagogie, Populismus und Totalitarismus transparent machen und die Hintergründe für Rassismus, Ethnizismus und diskriminierendes Verhalten aufzeigen.

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