Sehr geehrtes Mitglied des Europaparlaments,

das geplante Urheberrecht sollte so nicht verabschiedet werden.

Es hat in Bezug auf den Schutz der generischen Urheber, der Kreativen noch Mängel, die die Rückübereignung des Urheberrechts nach Untergang des Lizenznehmers oder Verwertungsrechtsinhabers nicht eindeutig regeln, wenn es keine Rechtsnachfolger gibt. Es ist auch keine Regelung enthalten wie die Rechte des Schöpfers behandelt werden, wenn die Fristen in Zukunft verlängert werden und damit dem Käufer der Rechte Vermögenswert zuwächst, ohne dass der ursprüngliche Inhaber entschädigt werden muss.

Es hat in Bezug auf die „Fair Use“ Klausel für die akademische und private Nutzung noch Mängel, weil die geforderten Inhaltsfilter diese Freistellungstatbestände nicht berücksichtigen müssen und damit ein vorhandenes Recht in der Praxis eingeschränkt werden wird. Ob das die Regel wird, ich weiß es nicht, aber wie es so schön heißt, tausendmal berührt, tausendmal ist nix passiert – aber dann würde diese E-Mail im Filter landen, weil sie dem Anschein nach gegen ein Copyright verstößt.

Es fehlt eine eindeutige und gerichtsfeste Regelung von Fair-Use, die Verankerung der privaten Sondernutzung wie sie das deutsche Recht bisher zulässt und die selbstverständliche Berücksichtigung dieser Regelung bei den Upload-Filtern.

Wir fangen hier gerade mit dem Kommunal- und Europawahlkampf an und Veranstaltungen mit Erstwählern in IGS, BBS und Gymnasien zeigen, dass dies in diesen fünf Jahrgängen das wichtigste Thema ist. Auf „noch Fragen“ kommt mit 100% Sicherheit ein „was halten Sie von Artikel 13 …“ zurück. Und da stoßen wir dann auf genau diese Problemsituation, dass niemand die Rechte der Urheber bezweifelt oder angreifen will, dass aber die Umsetzung und Schärfe des Filteranspruchs gegen die Lebensrealität geht, weil in der Erstwählergeneration die komplette Kommunikation und der Austausch im Privatleben, in der Ausbildung/Schule und auch im Beruf damit kollidieren würde.

Schon die Verwendung eines lustigen GIFs in WhatsApp wäre zukünftig durch die Filter zu verhindern, handelt es sich doch dabei um Abbilder geschützten Materials, auch wenn sie nur ein bis drei Sekunden lang sind. Das zu verteidigen lässt einem als Trottel dastehen. Die Jugendlichen wissen aus der Vergangenheit, dass das die erste Angriffsfläche für Copyright-Trolle sein wird, Anwälte die deswegen abmahnen und sich ein leichtes Geschäft verschaffen indem sie Nutzer angehen können, die nur geringe Möglichkeiten der Abwehr haben. Ich brauche als Anwalt nur die Vertretungsrechte eines Rechteinhabers und dann bei WhatsApp/Facebook auf Herausgabe der IP-Adressen aller Verwender eines entsprechenden GIFs beharren, notfalls auf dem Klageweg, bei den Providern über diese IP den Nutzer ermitteln und dann an alle Chat-Teilnehmer eine Abmahnung verschicken. Und das ist nur ein Beispiel über möglichen Missbrauch der Neuregelung.

In Rheinland-Pfalz fallen Europawahl und Kommunalwahl zusammen auf den gleichen Tag. Glauben Sie, dass die Erstwähler, die durch die #article13 Bewegung zum Wählen motiviert werden, dann bei der Kommunalwahl für unsere Partei stimmen?

Mit freundlichen Grüßen
Alexander Vollmer


Dieser Brief wurde am Valentinstag an die rheinland-pfälzischen EU-Parlamentarier der CDU verschickt, die die neue Regelung unterstützen.