Wörter erfahren Bedeutungsverschiebungen und können sich bei wechselndem Kontext nicht einer übermächtigen Neukonnotation entziehen.
Wörter können ideologisch erobert und kulturell verbrannt werden. Sie haben dann noch das gleiche Aussehen, die gleiche Hülle aus Buchstaben, nur der innere Gehalt ist geschwunden oder durch etwas anderes ersetz worden. Neu besetzt.
„Neger“ war in ferner Vergangenheit eine neutrale bis ehrenhafte Bezeichnung für jemand mit dunkler Hautfarbe und über lange Zeit mit keiner Herabwürdigung verbunden. In manchen Sprachen ist es immer noch so, dort ist der Ausdruck „Schwarzer“ die Herabwürdigung. Der „Negerkönig“ in Pippi Langstrumpf stand explizit für eine Form des Wahlkönigtums, als Symbol für jemand, der sich ein Amt durch Ehre und Leistung, Anerkennung und Zuneigung erdient hat, diese Konnotation ist beim „Südseekönig“ fast ins Gegenteil verkehrt worden. Und dieser rassistisch neu konnotierte Begriff ist das Paradebeispiel derartiger Verschiebungen.
Genauso geht es derzeit dem Begriff „Patriot“. Der Begriff wird vorherrschend über „Pegida“ neu konnotiert und erlebt eine Bedeutungsverschiebung in die extreme politische Rechte. Gegenbestrebungen den Patriotismus auf die europäische Nation oder die globale Menschheit auszudehnen dürfen als gescheitert betrachtet werden.
Der rechte Mob sichert sich den Begriff, erlangt die Deutungshoheit und lässt den traditionellen Kern ohne passende Worthülse zurück. Wie soll sich jetzt ein Patriot nennen, der sich nicht im Duktus des Faschismus dem Pegida-Diktat zuordnet, sondern die traditionelle Bedeutung erfüllt? Landliebender? Nein, wohl nicht.
An dieser Stelle klafft jetzt eine Lücke. Ein Wort ist verloren gegangen, wartet auf die Geburt eines Nachfolgers, der seinen Sinn weiter tragen kann. „Verfassungspatriotismus“ könnte es sein, ist aber für den Alltagsgebrauch zu sperrig, zu akademisch, zu verkopft.
Damit geht es dem „Patrioten“ wie dem „Neger“, er ist zu Herabwürdigung geworden, zum perjorativen Wort.