Übermorgen, am 1. August 2013, beginnt die Gültigkeit des Leistungsschutzrechts und das Urheberrecht ändert sich damit für eine Reihe von Publikationen dramatisch.
Es wird gerne übersehen, dass es keine eigenständiges Gesetz ist, sondern nur eine Ergänzung des Urheberrechtsgesetzes. Deshalb ist es auch kein Leistungsschutzgesetz sondern nur der Teil des Urheberschutzes, der sich mit dem Schutz des Presseverlegers befasst. Eine neue Rechtsform, die den Verlegern ein besonderes Schutzrecht für maximal 12 Monaten einräumt.
Nicht nur das, in § 87f Satz 2 gibt es erstmals eine Legaldefinition von „Presseerzeugnis“, die diese Werke von allen anderen Werken im Rahmen des Urheberrechts abgrenzt. Und in § 87f Satz 1 wird dem Verleger daran ein Schutzrecht eingeräumt, unabhängig ob es sich um Erzeugnisse mit oder ohne die Schöpfungshöhe handelt, die in § 2 Satz 2 gefordert wird.
Auswirkungen auf die Bevölkerung
Damit werden auch Texte, Datensammlungen und vieles andere Material ohne Schöpfungshöhe geschützt. Ein Agenturbericht, der beispielsweise nur ein Ereignis faktisch beschreibt und mit Daten garniert ist oder ein Wetterbericht, ein Telefonbuch und andere Fakten- und Datensammlungen, diese werden damit endgültig dem generellen Urheberrecht entzogen und unter das gesonderte Schutzrecht nach § 87f gestellt. Diese Sammlungen oder Schriften können nun nicht mehr mit dem Vorwand das UrhG in Anspruch nehmen, sie hätten sonst keinen Schutz, sie sind jetzt für ein Jahr geschützt unabhängig von der Schöpfungshöhe und nur für ein Jahr. Für die Inanspruchnahme des Urheberrechts in vollem Umfang wird nun der Akt der eigenständigen Schöpfung essentiell werden.
Über 90% der Tickermeldungen und mehr als die Hälfte der Agenturmeldungen werden damit zukünftig nach einem Jahr rechtefrei. Bei Fotos sieht es unter Umständen anders aus, aber ich kann mir vorstellen, dass Ausschnitte aus Webcams oder anderes uneditierte und automatisch erstellte Material ebenfalls unter diese Regelung fällt und klar nach einem Jahr gemeinfrei wird, da es sich um keine, von einem Menschen schöpferisch vollbrachte, Werke handelt.
Gerichte werden gefordert
Interessant wird es sein, die Rechtssprechung zu Übersetzungen zu sehen. Übersetzungen, die gleichwertig von automatischen Systemen erstellt werden können, können nicht beanspruchen eine eigenständige Schöpfung zu sein. Das wird bei Übersetzungen von neuen Originalen keine Rolle spielen, aber wenn ältere Werke übersetzt werden, die im Original bereits gemeinfrei sind oder solche zu denen vorher bereits Übersetzungen existierten, die inzwischen gemeinfrei sind. In all diesen Fällen werden die Anforderungen an neue Übersetzungen höher sein um Ansprüche auf Schutz nach dem UrhG zu begründen. Im Gegenzug erwirbt der Verleger zukünftig automatisch einen Schutz ohne eine Schöpfungshöhe nachweisen zu müssen.
Dagegen ist klar, sind Werke von eigenständiger und unzweifelhafter Schöpfungshöhe im Presseerzeugnis enthalten, dann behalten diese ihr eigenständiges Schutzrecht in voller Höhe.
Transparenz des Willens
Ein anderer Aspekt wird es sein, die Form der Willensäußerung zu konkretisieren. OptIn oder OptOut, wie erklärt der Verleger in der Praxis seine Zustimmung zu einer gewerblichen Verwendung. Und nicht-gewerbliche Verwendung ist im neuen Gesetzestext explizit ausgespart und hierfür wurden den Verlegern kein Schutzrecht eingeräumt. Die Methodik stellt das Gesetz frei.
Damit scheint auch klargestellt, dass per RRS-Feed verschickte Artikel nach einem Jahr lizenzfrei weiterverwendet werden können. Diese Feeds gelten generell als Willenserklärung und OptIn-Signal. D.h. im Feed gepushte Texte und Bilder sind zur Verwendung freigegeben. Da diese vom Verleger oder einem Beauftragten versendet werden, der über Inhalt und Umfang und Empfängerkreis entscheidet. Die Informationen werden aktiv zugänglich macht und damit zur Verwendung freigegeben. Andernfalls müssen im Feed enthaltene Beträge entsprechend gekennzeichnet sein. Oder es darf kein RSS-Feed angeboten werden. Grundsätzlich ist der RSS-Feed die elektronische Form der Pressemitteilung. Diese darf, sofern nicht abweichend gekennzeichnet, lizenzfrei weiterverwertet werden.
Nebeneffekte
Es wird sicher auch die Frage aufkommen, darf der Kioskbesitzer ohne Verlagsgenehmigung mit einer Zeitschrift im Aushang werben? Sind Pressemappen mit Auszügen der Tagespresse, wie sie für die Tageslagen der Ministerien erstellt werden ohne Zustimmung der Verlage noch zulässig. Gleiches gilt für die Verwendung von Kritikerberichten durch Kulturschaffende und viele andere eher seltene Verwendungsformen. Vieles wird erst die Rechtssprechung konkretisieren müssen, damit ist klar, dass dieses Gesetz handwerkliche Mängel hat und ohne Kommentare wertlos dasteht.
Und nur eines ist wirklich sicher, um einen Fisch damit einzuwickeln muss die Zeitung kein Jahr alt sein.
