CETA ist nicht nur ein Abkommen über freien Handel, sondern mehr. Würde man es auf den Freihandelsteil zurechtstutzen, es würde wahrscheinlich rascher durchgewunken werden als man CETA sagen kann.
Investitionsschutz und Schiedsgerichte schaffen ein Sonderrecht und eine Sondergerichtsbarkeit für einen kleinen Kreis von Profiteuren ohne Bindung an geschriebenes Gesetz. Das ist nicht nur der Wiedereinstieg in ständisches Recht, sondern auch die Abkehr von der Rechtsstaatlichkeit. Seit Jahrhunderten gilt im Wirtschaftsverkehr, dass das Recht des Ortes gilt, an dem das Rechtsgeschäft getätigt wird. Europa und Kanada sind keine „Failed States“ ohne funktionierende und unabhängige Gerichtsbarkeit, für die es per Vertrag über die Wirtschaftsbeziehungen einer zusätzlichen neutralen Gerichtsbarkeit bedarf. Und die Respektierung und Umsetzung dieses Rechts ist selbstverständlicher Teil der unternehmerischen Risiken und damit umzugehen Bestandteil der unternehmerischen Leistung und Anforderung. Dies Aufzuheben verlagert automatisch die Risiken auf Dritte, auf den Staat und schlussendlich auf die Konsumenten und die Bürgerschaft der EU.
Auch das Ausklammern endgültiger Details aus dem Vertrag, und damit der Verlagerung von Entscheidungen weg von Parlamenten, EU- und UN-Organisationen hin zu bilateralen Kommissionen, ist ein Rückschritt.
Und wenn man ehrlich ist, dann haben auch die Steuerzahler die Zeche für die wegfallenden Zölle zu zahlen. Nicht mehr die Profiteure von Dumpingpreisen durch abweichende Standards und Subventionen haben für diesen Betrag aufzukommen und damit einen Ausgleich für ihren Vorteil zu leisten, sondern alle Steuerzahler. Ebenfalls ein schlechter Tausch.
Wer einen freien Welthandel will, der muss nur die internationalen Standardorganisationen stärken, fehlende Bereiche globaler Standardisierung einer solchen zugänglich machen. Es muss einheitliche bürokratische Regeln geben. Die Abschaffung von Zöllen gehört nicht dazu, sie macht nicht den Handel freier, sondern ungerechter. Die Einführung von Sonderrechten und -gerichten macht nicht den Handel freier, sie verlagert Risiken von den Profitierenden auf die Allgemeinheit.
Es ist zu hoffen, dass der Widerstand der Wallonen und Brüsseler hier zum Umdenken und zur Aufmerksamkeit auf das Wesentliche führt und das Freihandelsabkommen auf dasjenige zurückführt, das es sein soll, ein Handelsabkommen, kein Sonderrechts- und Abgabenvermeidungsabkommen zugunsten einiger weniger Hunderttausend.
Für einen Handel, der frei innerhalb der Grenzen gültiger Gesetze ist. Für einen Handel, der mehr als einer halben Milliarde Menschen nutzt.